Luftfrachtsendungen sollen in besonderer Weise gegen unbefugte Zugriffe Dritter geschützt werden. Nur als sicher eingestufte Luftfracht darf an Fluggesellschaften übergeben werden. Um die Lieferkette zu sichern, muss entweder die Fracht einmalig vor der Anlieferung an den Abgangsflughafen durch den Spediteur (Reglementierter Beauftragter) untersucht werden oder es liegt eine Sicherheitserklärung des Verladers (Bekannter Versender) vor.
Seit Februar 2006 geben Bekannte Versender für Luftfrachtsendungen in der Regel ihrem Spediteur/Reglementierten Beauftragten jährlich eine Sicherheitserklärung ab. Mit dieser verpflichtet sich der Verlader/Bekannte Versender, bestimmte Sicherungsmaßnahmen für Luftfrachtsendungen im eigenen Unternehmen zu ergreifen. Dann muss die Luftfracht nicht mehr vor der Anlieferung im Abgangsflughafen untersucht werden.
Falls der Bekannte Versender Logistikprozesse an Unterauftragnehmer ausgelagert hat (Lager, Kommissionieren, Verpacken, Transport zum Reglementierten Beauftragten, Serviceleistungen im Lager), musste er sich bislang die Einhaltung der Sicherheitsstandards von diesem auf der „Erklärung für Unterauftragnehmer“ bestätigen lassen.
Umfassende Änderungen seit 29. April 2010
Das bislang weitgehend formlose Verfahren wird geändert. Dies geht auf die EG-Verordnungen 300/2008, 272/2009 und 185/2010 zurück. Für den Bekannten Versender ist künftig eine behördliche Zulassung erforderlich. Die ersten Einzelheiten zum Verfahren und zu den Voraussetzungen hat das Luftfahrtbundesamt auf seiner Homepage veröffentlicht.
A) Änderungen für bekannte Versender
1. übergangsphase
Es gibt einen dreijährigen Übergangszeitraum bis März 2013. Während dieses Zeitraums wird das Luftfahrtbundesamt (LBA) einen Bekannten Versender ohne behördliche Zulassung anerkennen, sofern er von einem Reglementierten Beauftragten benannt wird. Der Ablauf ist folgendermaßen:
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Der Bekannte Versender musste bis zum Stichtag 28. April 2010 von einem oder mehreren Reglementierten Beauftragten anerkannt worden sein (als Nachweis gilt die aktuell gültige Sicherheitserklärung). Dann gilt er diesen gegenüber als Bekannter Versender.
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Diese Sicherheitserklärung gilt für den gesamten Übergangszeitraum, also bis 25. März 2013. Dies hat das LBA veröffentlicht: „Darüber hinaus duldet das Luftfahrt-Bundesamt die Anerkennung dieser Bekannten Versender bis einschließlich 25. März 2013 ohne dass eine zusätzliche Sicherheitserklärung gezeichnet werden muss.“ Bislang musste man davon ausgehen, dass vor Auslaufen der alten Sicherheitserklärung – also in der Regel Ende 2010 – eine neue Sicherheitserklärung für den Übergangszeitraum von drei Jahren zu zeichnen wäre. Dies entfällt nun.
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Möchte ein Bekannter Versender nach dem 29. April 2010 neu mit einem Reglementierten Beauftragten zusammenarbeiten, der ihn nicht anerkannt und benannt hat, muss der bekannte Versender einen Antrag auf behördliche Zulassung stellen. Dies kann natürlich jederzeit geschehen, insbesondere bei Ab-Werk-Lieferungen ist der Einfluss des Versenders auf die Auswahl des Spediteurs bekanntermaßen beschränkt.
2. Behördliche Zulassung: Voraussetzungen
Spätestens zum Ende der übergangsfrist oder bei neuen Reglementierten Beauftragten ist eine behördliche Zulassung erforderlich. Die inhaltlichen Anforderungen sind noch nicht im Einzelnen bekannt, einen überblick zu den Voraussetzungen hat das Luftfahrtbundesamt am 10. September 2010 veröffentlicht. Es handelt sich um eine Zertifizierung, die erfahrungsgemäß aufwändig ist. Es wird einen EU-weit gültigen Leitfaden und Checklisten geben. Das LBA weist darauf hin, dass Anträge auf behördliche Zulassung als Bekannter Versender frühzeitig nach Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 gestellt werden sollten, da es ansonsten im letzten Jahr des dreijährigen übergangszeitraums, also 2013, zu einem Antragsstau kommen könnte.
Der schriftliche (per Post) und formlose Antrag (also kein Formular) sollte unter Benennung der luftfrachtrelevanten Betriebsstandorte beim LBA eingereicht werden. Des Weiteren ist dem LBA mitzuteilen, mit welchen Reglementierten Beauftragten (Speditionen) zusammengearbeitet wird, welche davon eine aktuell gültige Sicherheitserklärung des Bekannten Versenders erhalten haben und ob der Antragsteller eine AEO-Zertifizierung besitzt.
Der Antrag ist an folgende Anschrift zu richten:
Luftfahrt-Bundesamt
Referat B 6
Frau Sarah Grund
38144 Braunschweig
Auch wenn die inhaltlichen Voraussetzungen etwas genauer umrissen worden sind, handelt es sich bei der jetzigen Antragstellung zum neuen bekannten Versender zunächst um eine Willensbekundung. Das Unternehmen beabsichtigt mit heutigem Stand, auch künftig nach Ablauf der übergangsfrist Bekannter Versender zu sein. Selbstverständlich kann der Antrag zurückgezogen werden, wenn die Auflagen in keinem Verhältnis zum Nutzen des Bekannten Versenders stehen. Die jetzige Willensbekundung legt auch die Reihenfolge der künftigen Antragsbearbeitung fest. Der neue Status als zugelassener bekannter Versender gilt ab dem Zeitpunkt der Eintragung des Unternehmens durch das LBA in eine EU-Datenbank.
3. Bekannter Versender als Muss?
Der Status als Bekannter Versender ist keine Voraussetzung, um Luftfrachtsendungen zu befördern. Für die üblichen Post- und Kuriersendungen wird der Status ohnehin nicht verlangt. Wer also bislang von seinem Post- oder Kurierdienst nicht zur Abgabe einer solchen Erklärung aufgefordert worden ist, muss auch künftig nicht bekannter Versender werden. Der Nachteil als „unbekannter Versender“ besteht darin, dass die Sendung vom Reglementierten Beauftragten untersucht werden muss. Dies wird häufig in Rechnung gestellt und kann zu Zeitverzögerungen führen, muss es aber nicht. Tatsächlich hängt es von den individuellen Verhältnissen im Unternehmen und der Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Reglementierten Beauftragten ab, ob der Status des Bekannten Versenders sinnvoll ist oder nicht. Es bietet sich an, diese Prüfung vorzunehmen, sobald die Voraussetzungen bekannt sind, die für den Bekannten Versender gelten sollen.
B) Änderungen für Unterauftragnehmer
Die Unterauftragnehmererklärung wurde zum 29. April 2010 ungültig. Abgegeben haben diese Erklärungen unter anderem
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Speditionen/Frachtführer, die im Auftrag des Bekannten Versenders Luftfracht an den Reglementierten Beauftragten übergeben haben
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Dienstleister, die das Lager des Bekannten Versenders betreuen oder Luftfrachtsendungen kommissionieren
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Dienstleister, die Hausmeister- oder Reinigungsleistungen im Lagerbereich oder in den Versandbüros erbringen.
Nach Auskunft des Luftfahrtbundesamtes geben die oben genannten Speditionen/Frachtführer künftig eine Transporteurserklärung nach Anhang 6-E der Verordnung 185/2010 ab.
Lagerhalter und ähnliche Dienstleister mussten ursprünglich Reglementierte Beauftragte werden, kurz vor Ablauf der Frist war dann doch auch der bekannte Versender möglich. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie sich nach Angaben des Luftfahrtbundesamtes auch als Bekannter Versender registrieren lassen. Dies gilt dann, wenn diese eine Sicherheitserklärung an einen Reglementierten Beauftragten abgeben (also nicht an ihren Auftraggeber, den Bekannten Versender, sondern an dessen Reglementierten Beauftragten). Stichtag war der 28. April 2010. Weitere Voraussetzungen sollen sein:
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die Ware wird erst im Lager zur Luftfracht, d.h. dies ist nicht schon bei der Einlagerung klar oder die Einlagerungsdauer liegt unter 24 Stunden und
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die Ware wird ab diesem Zeitpunkt vor unbefugtem Zugriff geschützt
Erbringer von Hausmeister- und Reinigungsdienstleistungen im Lager für Luftfrachtsendungen oder in den Büroräumen, in denen Versandpapiere erstellt werden, sollen dies anscheinend unter Aufsicht des Bekannten Versenders tun.